11. Oktober 2017 – TomGPGP Team

Gut zu Fuß? Pedalsteuerung 3dRudder im Controller-Test

Von 3dRudder kommt der gleichnamige Fuß-Controller, der – mal wieder – die Art zu spielen, verändern soll. Was kann das ungewöhnliche Eingabegerät? Wir haben es ausprobiert.

Das 3dRudder hat optisch ein bisschen was von einem platten Pokéball. Glücklicherweise fängt es keine Nintendo-Biester, sondern zuerst einmal neugierige Blicke und, wenn alles gut geht, die Herzen von Gamern. In erster Linie fußt das Ende 2014 auf Kickstarter finanzierte 3dRudder auf der Idee, VR-Nutzer anzusprechen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten mit der Konfigurations-Software der Vorserienmodelle, ist der Fuß-Controller mittlerweile in der Lage, auch herkömmliche Spiele am Flatscreen adäquat anzusprechen.

Dafür bringt die Software eine Fülle an Optionen mit. Die beste Idee nützt jedoch nichts, wenn sie nicht ordentlich umgesetzt wird. Wir haben das derzeitig für 179 Euro erhältliche Endprodukt mit verschiedenen Spielen ausprobiert, wie etwa Fallout 4, Steep, Arizona Sunshine oder Robo Recall und sind dabei – im Sitzen – über Schwierigkeiten gestolpert und bei so mancher Annehmlichkeit gelandet.

Endlich ein Training für unbeanspruchte Gamer-Beine

Das Eingabegerät, das ihr ausnahmslos mit den Füßen bedient und 34 Zentimeter im Durchmesser misst, liegt vor mir unter dem Schreibtisch und macht nach dem Anschließen an einen USB-Port piepsend auf sich aufmerksam. Füße drauf, kurz stillhalten – schon hat sich das 3dRudder kalibriert. Hübsch animierte Bilder im Fenster der Windows-Software sagen mir, was ich zu tun habe, wie ich das Gerät richtig platziere und einrichte. Und auch, was damit möglich ist. Aha, auch Vertikalbewegungen durch koordiniertes Anheben von Ferse und Vorderfuß. Spannend! So weit, so gut.

Hinsichtlich der Haptik macht das 3dRudder einen gut verarbeiteten, stabilen Eindruck. Ein deutlich sichtbarer Warnhinweis auf der rot-schwarzen Scheibe macht klar: Nur im Sitzen verwenden! Da ich die Gefahr liebe, habe ich es natürlich trotzdem auch im Stehen ausprobiert (Steep!). Die gute Nachricht: es hält meinen 70 kg stand. Schlecht hingegen ist der Bedienkomfort im Stehen. Das Experiment breche ich lieber gleich wieder ab bevor ich mir noch selbst was breche.

Bildergalerie: So sieht der Fuß-Controller 3dRudder aus

Die konvex geformte Unterseite des Geräts ermöglicht horizontale Kippbewegungen mit den Füßen, aber auch das Drehen im „Stand“, respektive die Rotation in beispielsweise Flugsimulationen. An der Unterseite verhindert eine Gummierung das Wegrutschen des 3dRudders, mit erstaunlich gutem Grip. Einen Haken hat die Sache, unvermeidlich und rein physikalischer Natur: Bei häufigen Drehbewegungen, also bei Rotation des Fuß-Controllers, wandert das Gerät früher oder später und bedarf einer gelegentlichen Repositionierung auf dem Fußboden. Das war zu erwarten und kann schon mal nerven. Jetzt aber bloß nicht durchdrehen und erst mal die weiteren Vorzüge abchecken.

Erste „Gehversuche“ mit Fallout 4

Fallout 4. Wanderungen durch das Ödland. Das dürfte sich doch mit einer Fußsteuerung authentischer anfühlen, als mit Tastatur oder Game-Pad? Und ob! Auch wenn die VR-Version von Fallout 4 noch auf sich warten lässt, klappt das Laufen auch mit der herkömmlichen Fassung des Open-World-Titels. Wenn auch nicht auf Anhieb und auch nicht ohne Abstriche.

Zuerst einmal solltet ihr euch von der Vorstellung lösen, dass so ein 3dRudder eure anderen Eingabegeräte komplett ersetzt. Logisch, das geht nicht. Schließlich sind wir in Spielen auf diverse Tasten oder Knöpfe angewiesen und nicht allein auf die Richtungssteuerung. Aber auch mit der Drehbewegung will es in Fallout 4 mit dem 3dRudder einfach nicht so richtig klappen. Ich kann durch Kippbewegungen, was sich nach einer Weile in den sonst obsoleten Fußgelenken von Gamern bemerkbar macht („Hoppla, ich habe auch Beine?!“), vor und zurück laufen. Auch das „Strafing“ nach links und rechts ist möglich. Fühlt sich gut an. Aber ein Drehen der Spielfigur? Nope! Selbst nach diversen, manuellen Eingriffen in der Software war es mir nicht möglich, die Rotation mit dem 3dRudder zu realisieren.

Die Voreinstellungen von Fallout 4.

Das ist vor allem deshalb schade, weil Fallout 4 zu den vorkonfigurierten Spielen der 3dRudder-Software gehört. Aus einer längeren Liste mit kompatiblen Spielen wählt ihr euer Spiel aus und dürft hoffen, dass es auch ab Werk korrekt voreingestellt worden ist. Spoiler: Meistens ist das nicht der Fall. Darunter namhafte Vertreter wie etwa Portal 2, Assassin’s Creed Syndicate, Battlefield 1, Borderlands 2, Elite Dangerous, Overwatch oder auch Skyrim. Es werden QWERTY- und AZERTY-Voreinstellungen angeboten, nicht aber QWERTZ-Setups für deutsche Nutzer. Da müssen wir noch auf Updates warten und manuell den Controller auf unsere Bedürfnisse einstellen. Was glücklicherweise weitestgehend möglich ist. Völlig unverständlich: Anstatt bei Fallout 4 die übliche WASD-Steuerung zu simulieren, liegen beim Preset des 3dRudders die Tasten YQDS auf dem Fuß-Controller. Warum?

Snowboarden mit Steep – abgefahren!

Das Experiment mit Fallout 4 beende ich besser mal, bevor ich das 3dRudder durch die Wand vor mir trete und stürze mich auf andere Games. Ich finde Steep in der Liste vorkonfigurierter Spiele. Das muss perfekt geeignet sein! Und tatsächlich: Ich düse auf einem Snowboard einen schneebedeckten Hang hinab und das 3dRudder kann endlich seine Stärken zeigen. Ein klasse Spielgefühl, wenn auch zunächst sehr gewöhnungsbedürftig (und auf Dauer anstrengend).

Generell ist bei Einrichtung des 3dRudders und auch bei der Anwendung viel Geduld gefragt. Wer jahrzehntelang Spiele mit Pads, Maus und Tastatur gesteuert hat, wird sicherlich nicht von heute auf morgen mit seiner Fußakrobatik zum Pro-Gamer. Für Steep jedoch scheint das 3dRudder wie gemacht. Auch wenn für so manches Stunt-Manöver natürlich trotzdem noch Knöpfe oder Tasten auf anderen Geräten zu drücken sind und ihr im Sitzen spielt. Möchte ich Steep mit 3dRudder dauerhaft zocken? Sicher nicht. Dafür ist es mir zu anstrengend und die Manöver sind nicht präzise genug. Obwohl sich in der 3dRudder-Software alles haarklein einstellen lässt. Von den Totpunkten der Achsenbewegungen, über das Beschleunigungsverhalten bis hin zur Rotationsgeschwindigkeit.

Die Stärken des Fuß-Controllers

Hersteller 3dRudder liefert zum Fuß-Controller nicht nur eine komfortable, wenn auch für Einsteiger überladene Software, mit aus, sondern auch Demos für VR-Nutzer. Darunter das grafisch spartanisch ausgefallene Airboard Arena, mit dem ihr mal ausprobieren dürft, wie es ist, wie Marty McFly in Zurück in die Zukunft auf einem Hoverboard zu „stehen“. Das Mini-Spiel, in dem es beispielsweise darum geht, innerhalb von Zeitlimits durch Tore zu fahren, ist perfekt auf das Eingabegerät zugeschnitten. Auf dem Luft-Skateboard heizt ihr in der VR-Umgebung eben nicht nur nach vorn und zurück oder macht Seitwärtsbewegungen. Es geht auch nach oben und unten.

Möglich machen das die Annäherungssensoren im 3dRudder. So registriert das Gerät, wenn ihr nur die Ferse oder den Vorderfuß drauf absetzt. Hebt ihr beispielsweise mit dem linken Fuß die Zehen und mit dem rechten die Ferse vom Gerät, löst ihr im Spiel eine Aufwärtsbewegung aus. Im Wechsel ist das auch in die entgegengesetzte Richtung machbar. Das macht den Umgang mit dem Fuß-Controller noch anstrengender und trainiert ganz gut die Fußmuskulatur, offenbart aber gleichzeitig die Möglichkeiten. Rudersteuerung in Flugsimulationen? Mit dem 3dRudder ideal. Und auch Menschen mit Behinderungen können vom 3dRudder definitiv profitieren.

Der VR-Zombie-Shooter Arizona Sunshine hat sich sofort gut mit dem 3dRudder verstanden. Ich „lief“ mit dem Fuß-Controller durch die bedrohliche Welt und hatte mit den Händen etwas weniger zu tun. Das machte es mir möglich, mich mehr auf das Wegschießen von Zombieschädeln zu konzentrieren. Robo Recall hingegen muckte zunächst auf. Mit dem 3dRudder rutschte ich in alle möglichen Gebiete, auch solche, die eigentlich nicht von Spielern zugänglich sein sollten. Das ist ganz klar aus dem Rud(d)er gelaufen. Ein paar Handgriffe in der Software waren nötig, damit auch Robo Recall halbwegs vernünftig mit dem 3dRudder spielbar gewesen ist. Da ist, zumindest wenn es um die Rift-Kompatibilität geht, noch Nachholbedarf.

Das 3dRudder kann mittlerweile diverse Eingabegeräte emulieren. Das war nicht immer so. Findet sich ein Spiel nicht in der Liste mit den Konfigurationen, habt ihr dennoch die Möglichkeit, das 3dRudder als Ersatz für Joystick (HOTAS), Maus oder sogar Tastatur einzurichten. Nicht mit jeder Software will das reibungslos klappen. Wie anfangs schon erwähnt, verhindert das 3dRudder einen sinnvollen Umgang mit Fallout 4. Auch mit Google Earth VR verweigerte das 3dRudder zunächst seinen Dienst, obwohl der Hersteller ausgerechnet mit der VR-Anwendung von Google das 3dRudder bewirbt. Mit einem HTC Vive klappt es, mit der Oculus Rift nicht – inkompatibel mit dem VR Unleashed getauften Modus. Erst vor wenigen Tagen haben die Entwickler über Github ein Tool nachgeschoben, das auch die Rift mit Google Earth VR kompatibel macht. Damit ist die Weltreise echt super!

Fazit

Den ausgiebigen Test mit dem 3dRudder schließe ich mit gemischten Gefühlen ab. In dem Gerät steckt eine Menge Potenzial, das, wenn es von der Software richtig angesprochen wird, durchaus wegweisend sein kann. Nicht jedes Spiel lässt sich damit sinnvoll steuern. So findet sich in der Liste kompatibler Spiele sogar Hearthstone, für das der Fuß-Controller einfach die Maussteuerung simuliert. Das klappt, aber von einem echten Bedienkomfort kann hierbei keine Rede mehr sein. Es fühlt sich echt grässlich an. In anderen Spielen ist das 3dRudder jedoch ganz gut aufgestellt. In Flugsimulationen beispielsweise. Oder für den Zombie-Run in Arizona Sunshine und beim Snowboarden in Steep. Aber auch wenn das Gerät mittlerweile die Marktreife erlangt hat und die vielseitige Software größtenteils „gute“ Einstellmöglichkeiten bietet – so wirklich will sich der Wunsch, das 3dRudder dauerhaft zu nutzen, nicht einstellen. Dafür zwickt und zwackt es noch zu sehr an so mancher Spieleinstellung. Und letzten Endes auch in den Fußgelenken.

Eine kontinuierliche Weiterentwicklung könnte das 3dRudder auch dem Massenmarkt schmackhaft machen. Wenn umständliche Konfigurationen umgangen werden, Gamer für die Umstellung bereit sind und Hersteller von AAA-Titeln die Unterstützung des Geräts von Haus aus anbieten. So mancher Entwickler soll bereits ein Auge auf das Gerät geworfen haben.

Wir bedanken uns bei 3dRudder für die Bereitstellung des Testmusters.

Score: 2
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