Kurz-Review des PS3-Originals für Leute, die es noch gar nicht kennen.
Wie dem Titel entnommen werden kann, habe ich seinerzeit das Original auf der PS3 bereits gespielt, genauer gesagt habe ich dort sogar eine der heute noch sehr begehrten Collector's Editions bekommen können, inklusive des hochwertig gebundenen, kompletten Zauberbuches.
Daß diese CE, und insbesondere dieses Buch, auch heutzutage noch immer heißbegehrt sind, und besagtes Buch teils für deutlich mehr Geld bei eBay gehandelt worden ist, als die CE an sich jemals gekostet hat, das ist das erste Indiz dafür, was dieses Spiel für sehr viele Fans des JRPG-Genres bedeutet.
Für mich persönlich ist es nichts minder als das beste JRPG aller Zeiten, weit fernab jeglicher Konkurrenz -- und das sage ich als Hardcore-Fan der Final Fantasy-Serie von 1 bis 9, Xenosaga, Xenogear, etc pp; einzig das originale Xenoblade Chronicles (Teil 1 also) kommt da in der Gesamtheit noch dran.
Es geht, spoiler-frei, um die Geschichte eines kleinen Jungen aus der "echten", also unserer Welt, dem ein äußerst tragisches, schreckliches Schicksal widerfährt, welches der Auftakt ist, um in die "Ni no Kuni" (jap., etwa: "die/eine andere Welt") aufzubrechen.
Oliver, so der Name des Protagonisten, folgt dabei der vagen Hoffnung, dieses schreckliche Ereignis, diesen grausamen Verlust, doch noch irgendwie rückgängig machen zu können.
Natürlich wird im Verlaufe der wirklich hervorragend geschriebenen Story, in Verbindung mit tollen Charakteren (Drippy!), der "Scope" der Story deutlich größer, es geht bald um sehr viel mehr, als "nur" Oliver's persönliches Schicksal.
Dabei treffen wir auf jede Menge phantastischer Charaktere und Wesen, welche insbesondere durch die wirklich zauberhaft schöne visuelle Präsentation, die nur so strotzt vor echter, guter alter Studio Ghibli-Magie, auf märchenhafte Weise zum Leben erweckt werden, die oftmals ebenso skurril wie liebenswert sind, die uns mal das Leben schwer, mal das Herz leicht machen.
So treffen wir etwa eine gigantische Kuh, welche den ganzen Tag nur erlesenste Käse-Sorten fressen will; der Clou dabei: viele der Charaktere in der Ni no Kuni haben einen Seelenpartner in der echten Welt, wo diese Gestalten zwar unseren gewohnten Naturgesetzen folgen müssen, aber dennoch irgendwie gar nicht so anders sind, als ihre phantastischen Alter Egos.
Wem bei Ni no Kuni II: Revenant Kingdom genau diese Magie schmerzlich fehlte, wem Teil 2 etwas zu "plastik-haft" oder generisch war, der wird an dem Original seine helle Freude haben!
Es ist wirklich nichts Geringeres, als ein Studio Ghibli Anime zum selber spielen, mit vielleicht den schönsten Zwischensequenzen, die es jemals in einem JRPG gab.
Spielmechanisch handelt es sich beim ersten Teil um ein durch und durch klassisches JRPG relativ alter Schule -- so gibt es etwa die "damals" übliche Progression von zunächst Fußgänger -> Land/Seefahrzeug -> "Flugzeug", um so nach und nach immer mehr und immer verstecktere Orte der Overworld Map erkunden zu können.
Es ist für Genre-Veteranen leicht zu verstehen, jedoch könnten Genre-Neueinsteiger eventuell ein wenig Einarbeitungszeit brauchen; die wichtigsten Mechaniken werden aber nach und nach im Spiel erklärt, und es werden auch immer erst nach und nach weiterer Funktionen freigeschaltet, um den Spieler diegetisch und schrittweise an die Aspekte heranzuführen.
Ni no Kuni bietet dabei durchaus Einiges:
Crafting:
Recht umfangreich, mit vielen Rezepten; craften könnt ihr alles von Waffen über Rüstungen, bis hin zu Accessoires und -- ganz wichtig -- Nahrung für eure Familiars, denn darüber könnt ihr sie aufleveln und verbessern.Magie:
Neben der aus vielen Spielen bekannten Kampfmagie, etwa Feuerbälle oder Heilzauber, gibt es in Ni no Kuni auch noch Magie, welche nur außerhalb von Kämpfen angewendet wird, und so auch einen Hauch Zelda in die Ni no Kuni-Welten bringt: manche dieser Zaubersprüche, die freilich alle erst erlernt werden müssen, schalten dann bisher komplett unerreichbare Gebiete und Zonen frei, so auch teils optionale Gebiete.Monster Collector:
Grob gesagt ähnlich wie bei den bekannten Pokemon-Titeln gilt es auch in Ni no Kuni, "Monster" nicht nur regulär zu besiegen -- beinahe mit allen in der Spielwelt herumwuselnden Gegner können wir es versuchen, sie auf unsere Seite zu ziehen.
Dazu müssen wir sie erst im Kampf schwächen, um sie dann mit einer im Verlauf der Story freigeschalteten Spezialfähigkeit zu bezaubern. Gelingt dies, wird aus dem vermeintlichen Monster ein weiterer "Familiar", der uns fortan im Kampf unterstützen kann.
Diese Familiars haben unterschiedliche Stärken und Schwächen, sind gegen manche Elemente resistent, gegen andere anfällig, sie mögen mal Kuchen und mal Schokolade (s.o.), und viele von ihnen, wieder ähnlich zu Pokemon, haben auch noch 3 Evolutionsstufen, wobei man dann bei der dritten Evolution jeweils einen von zwei Spezialisierungstypen wählen kann, wiederum mit speziellen Skills, und einem anderen Aussehen.
So werden die Familiars nicht nur immer stärker, sie wachsen einem auch immer mehr ans Herz, weil man sie quasi aufzieht, und ihre Entwicklung in eine gewünschte Richtung lenkt.
Als Dank für unsere Fürsorge unterstützen uns alle so gefangenen Familiars dann wiederum im Kampf gegen ihre wilden Ex-Gefährten.
Das Kampfsystem wurde damals zu PS3-Zeiten relativ kontrovers diskutiert, wobei ich es durchaus cool fand, und bis heute persönlich davon überzeugt bin, daß die meisten "Hater" nur mit dem -- insbesondere bei Bosskämpfen -- durchaus teils recht knackigen Schwierigkeitsgrad nicht zurechtgekommen sind. Jedenfalls konnte ich schon damals die meisten Beschwerden nicht mit meinem eigenen Spielerlebnis vereinbaren.
Einem Punkt stimme ich allerdings auch unumwunden zu:
Gerade in einem ansonsten so auf Oldschool getrimmten JRPG hätte ich ein voll rundenbasiertes KS klar bevorzugt... in seiner tatsächlichen Form aus Echtzeit mit Pause weiß es aber auch durchaus Spaß zu machen und vorallem auch niemals zu simpel zu werden.
Zuguterletzt sei noch gesagt, daß es kein NG+ gibt, dafür aber ein äußerst umfangreiches Post Game mit derart viel Story noch inkludiert, daß man es eigentlich eher noch als Teil des Main Game sehen müsste.
Alles in Allem bekommt Ni no Kuni von mir eine 42/10 und eine klare Kaufempfehlung für jeden Ghibli-Fan, jeden Hardcore JRPG Fan, jeden Freund toller, emotionaler, märchenhafter Geschichten.