Wolfenstein 2 im Test – so wertet die deutsche Presse
VON HARALD FRÄNKEL
Sechs Awards bei bislang sieben erschienenen Tests: Das ist die hammermäßige Bilanz zum Release des neuen Ego-Shooters Wolfenstein 2: The New Colossus. In den Reviews wird besonders die grandiose Story gelobt.
Wolfenstein II: The New Colossus ist der zehnte reguläre Teil der Wolfenstein-Reihe. Die Entwickler von Machinegames erzählen im neuen Spross die Alternativweltgeschichte des Vorgängers Wolfenstein: The New Order (2014) weiter. Anders als im 2015 veröffentlichen Stand-Alone-Ableger Wolfenstein: The Old Blood findet sich der Protagonist B.J. Blazkowicz also nicht im Zweiten Weltkrieg wieder, sondern erneut in den Sechzigerjahren. Diesmal hat der Autor dieser Zeilen, also ich, sogar selbst eine Rezension zum neuen Actionspiel geschrieben, und zwar für die Seite GamersGlobal. Mich an dieser Stelle zu zitieren, käme mir ein bisschen seltsam vor, deshalb lass ich es und würde mich freuen, wenn ihr die Begründung für die 9-von-10 Punkte-Wertung hier nachlest.
„Vorbildlicher Umfang“
Weitere 9 von 10 Punkten kommen von Giga Games. Wolfenstein 2: The New Colossus sei in jeder Hinsicht eine Verbesserung gegenüber dem ohnehin bereits großartigen Vorgänger. „Die Story ist nicht nur intelligenter, sondern auch emotionaler. Frau Engel setzt als Antagonistin Maßstäbe für das Genre, die dystopische Welt ist trotz aller Übertreibung und der etwaigen Zauberhut-Technologien glaubhaft sowie detailreich“, schreibt Alexander Gehlsdorf im Review. „Das Shooter-Gameplay braucht sich ohnehin vor keinem anderen Titel verstecken. Noch dazu ist Wolfenstein II: The New Colossus ein reines Singleplayer-Spiel, ohne verdächtige Lücken oder angetackerter Bezahl-Optionen. Stattdessen setzt das Spiel auf vorbildlichen Umfang, unzählige Details und lohnenswerte Sammelgegenstände sowie zwei leicht unterschiedliche Zeitlinien, die zum Wiederspielen anregen.“
Stiehlt ein Schurke dem Helden fast die Show, haben die Storyschreiber alles richtig gemacht. Gestatten: Irene Engel (Bildmitte)
Spieletipps gibt im Test 90 von 100 Punkten und verleiht den Goldenen Joystick. „Tatsächlich hat Wolfenstein 2: The New Colossus meine Erwartungen übertroffen. Ich war schon großer Fan der vorherigen Teile, mochte sie wegen ihrer Brachialität und Pointierung. Doch legt der neueste Teil da noch eine Schippe drauf. Nicht nur ist er noch derber, noch wahnsinniger. Auch ist er viel emotionaler und auf diese Art und Weise auch schockierender“, kommentiert Matthias Kreienbrink. Fazit: „Wolfenstein 2 - The New Colossus macht genau das, was es sich vorgenommen hat. Es ist bombastisch, spaßig und gleichzeitig bedrückend.“
Wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte ...
Wie bereits erwähnt bildet der Shooter ein fiktives, zukunftspessimistisches Szenario ab, eine sogenannte Dystopie. Im englischsprachigen Original des Actionspiels geht es darum, dass das Dritte Reich den Zweiten Weltkrieg gewonnen und die Vereinigten Staaten besetzt hat. Verleger Bethesda Softworks ließ den Titel für den hiesigen Markt anpassen, um eine USK-Freigabe zu bekommen. Wie beim Vorgänger fehlen eindeutige Hinweise auf den Nationalsozialismus, seine Organisationen und bestimmte historische Figuren. Außerdem haben die Entwickler verfassungswidrige Symbole, beispielsweise Hakenkreuze, durch Phantasielogos ersetzt. Bei der Darstellung der bisweilen heftigen Gewaltszenen gibt's keine Änderungen.
Ein Kampfroboter des Regimes in New Orleans. Die Städte sind optisch fabelhaft gestaltet.
Unglaubliche drei Awards feuert Gameswelt per Review raus. Die Auszeichnungen verdient sich Wolfenstein II: The New Colossus für den Spielspaß ingesamt, fürs Design und für die Story. „Die Schießereien haben Dampf, zocken sich wunderbar flüssig und geben mir im späteren Verlauf neue Möglichkeiten an die Hand. Im Vergleich zum offensiven Vorgehen fällt das Schleichen etwas ab, weil ich weniger Möglichkeiten habe. Aber mal ehrlich: Auf diese fette Action will ich gar nicht verzichten! Mindestens genauso gut versteht es Entwickler Machine Games, eine packende und wendungsreiche Geschichte zu erzählen“, so Sascha Göddenhoff.
„Ich habe so viel gelacht“
Einen Gold-Award, einen Atmosphäre-Award und 89 von 100 Punkten packt Gamestar im Test dazu. „Das Ding holt mich vor allem auf der emotionalen Ebene ab. Ich habe so viel gelacht, ich hatte so oft einen Kloß im Hals, ich war hin und wieder auch einfach nur entsetzt! Wolfenstein 2 ist ein Akrobat mit vier Beinen, es schafft einen Spagat zwischen schnödem Witz, Satire, Drama und gelungener Shooter-Unterhaltung. Also ist es am Ende das Gesamtpaket, das mich begeistert, die Action wird durch die Waffenverbesserungen gerade hintenraus noch mal abwechslungsreicher, adrenalintreibender, befriedigender“, jubelt Petra Schmitz. Im Redaktionsfazit heißt es: „Ein fast perfekt ausbalancierter Mix aus Härte, Humor und klassischem Shooter-Gameplay mit modernen Elementen.“
Das Spiel liefert für die grandiose Story viele lange Zwischensequenzen. Manche sind urkomisch.
In der deutschen Version von Wolfenstein II: The New Colossus jagt Blazkowicz die Schergen einer Gruppierung, die schlicht als „Das Regime“ bezeichnet wird. Völkermord und Rassismus spielen dennoch eine große Rolle. Für Blazkowicz gerät The New Colossus zum Heimspiel: Europa ist durch, es verschlägt den Helden zum Beispiel nach New York, Orleans und Roswell. Roswell? Ja, hier ist von der US-Kleinstadt die Rede, die jeder wegen dem nahegelegenen, fast 600 Meter hohen Fernseh- und Radio-Sendemast kennen würde, wären nicht ein paar Außerirdische oder Aluhutträger (je nach Ansichtsweise) dazwischengekommen.
„Bizarr, brutal, witzig“
Ein knallhartes Shooter-Brett mit intensiver Story ist Wolfenstein 2 für Felix Schütz von PC Games. Die PC-Fassung bekommt beim Review einen Zähler mehr als die PS4-Version, und zwar 86 von 100 Punkte. „Wolfenstein II ist ein durch und durch bizarrer, brutaler, witziger und gleichermaßen rührender Trip, der seine Story und seine Figuren noch stärker in den Vordergrund rückt als sein Vorgänger. Ein intensives Erlebnis, wenn man sich darauf einlässt! Auch das verfeinerte Gameplay macht einen Sprung nach vorn, der Mix aus Schleichen und Ballern noch eine Ecke mehr Spaß als in The New Order, trotz des spürbar angehobenen Schwierigkeitsgrads, der mich manchmal Nerven gekostet hat.“
Spaß als Hacke-Peter
Die Handlung von Wolfenstein 2: The New Colossus setzt zeitnah nach der des Vorgängers ein, im Jahr 1961. Blazkowicz hat am Ende von The New Order mächtig auf die Mütze gekriegt, sodass er mal wieder eine Runde im Koma lag. Das ist der Grund, weshalb er die Feindesbrut zunächst vom Rollstuhl aus über die Wupper wuppt. Später kann er wieder zwei Waffen gleichzeitig nutzen - im sogenannten Akimbo-Stil ist es sogar möglich, unterschiedliche Schießprügel zu kombinieren, beispielsweise Revolver und Maschinenpistole. Für Schleichangriffe gibt's diesmal auch eine Axt, mit der unser Freiheitskämpfer den Hacke-Peter mimt. Zusätzliche Spieltiefe abseits des klassischen Stealth-Shooter-Prinzips liefern 18 lernbare Fähigkeiten (neudeutsch: Perks). Die schaltet Blazkowicz je nach Spielweise frei. Er verbessert sich so in den Kategorien „Heimlichkeit“, „Chaos“ und „Taktik“. Als Leisetreter darf der dann beispielsweise das Beil werfen.
Einige Gegner im Spiel sind riesig und entsprechend schwer zu knacken. So wie dieser Kollege.
„Herausragend“ und der beste Shooter 2017 ist Wolfenstein II: The New Colossus* für Eurogamer. Bei diesem Spiel würden Wut, Witz und Wehklagen auf frivol-gute Optik, aufregende Spielbarkeit und feine erzählerische Nuancen treffen. Alexander Bohn-Elias schreibt im Test: „Nein, ich habe wirklich so gut wie gar nichts Echtes an The New Colossus auszusetzen. Ich sitze hier seit einer halben Stunde und versuche mich zu erinnern, was mich störte, bringe aber nichts hervor.“
Liebenswerte alte Bekannte
Es gibt in The New Colossus übrigens das eine oder andere Wiedersehen mit alten Bekannten. Zu nennen wäre zunächst SS-Obergruppenführerin Irene Engel, die bereits im Vorgänger als Antagonistin agierte. Aufseiten der Verbündeten finden sich unter anderem der jüdische Tüftler Set Roth und Max Hass wieder. Blazkowicz' Freundin Anya tritt ebenfalls wieder auf. Sie ist mittlerweile Blazkowicz' Frau und mit Zwillingen schwanger. Vergleichbar ist die Geschichte von Wolfenstein 2: The New Colossus mit denen der Romane Vaterland (Robert Harris) und Das Orakel vom Berge. Das zweitgenannte Buch schrieb Philip K. Dick, aus dessen Feder auch etliche Vorlagen für Kinoklassiker stammen. Am bekanntesten dürften Blade Runner, Total Recall und Minority Report sein. Ach ja, wenn wir an dieser Stelle schon unseren Bildungsauftrag erfüllen, sei an dieser Stelle als dringender Buch- und Geheimtipp noch Alles bleibt anders erwähnt, das der deutsche Autor Siegfried Langer geschrieben hat.
Eine Reminiszenz zum Klassiker Wolfenstein 3D - der Arcade-Automat funktioniert sogar!
Die relevantesten deutschen Tests auf einen Blick
GamersGlobal: 9/10 (Test lesen)
Spieletipps: 90/100 und Award (Test lesen)
Giga Games: 9/10 (Test lesen)
Gamestar: 89/100 und zwei Awards (Test lesen)
PC Games: 86/100 (Test lesen
Gameswelt: „So muss ein Shooter sein!“ und drei Awards (Test lesen)
Eurogamer: „Herausragend“ (Test lesen)
Die Rezensionen von Computer Bild Spiele, 4Players und Gamona waren zum Redaktionsschluss für diesen Artikel noch nicht online.